Selbstbeobachtung und Experiment. Köperbewusstsein im Werk Maria Lassnigs

Maria Lassnig, Das Licht tötet vielfältige Bilder, in einem dunklen Raum ist mehr Imagination, aus der Serie „Untersuchung zum Entstehen eines Bewusstseinsbildes“, 1978, Aquarell, 42 x 59 cm (© Maria Lassnig Stiftung)
Das über sieben Jahrzehnte gewachsene, von unterschiedlichen Phasen durchzogene Oeuvre Maria Lassnigs zeichnet sich durch die immer wiederkehrende Beschäftigung mit dem eigenen Körper, dem Körperbild und dessen innerem und äusserem Zustand in Selbstportraits, „Köperbewusstseinsbildern“ oder „Body-Awareness-Paintings“ aus. Für den Nachvollzug der Externalisierung ihrer inneren Bilder und Zustände dienen in der Literatur meist die reichhaltigen und anschaulichen Selbstzeugnisse, Anleitungen und Aussagen der Künstlerin zu ihren „Körperbewusstseinsbildern“, wodurch die Auslegung des Werks grösstenteils an die Autorin selbst zurückdelegiert wird. Ende der 1970er-Jahre legte der Schriftsteller und Sprachtheoretiker Oswald Wiener für seine „Untersuchungen zum Entstehen eines Bewusstseinsbildes“ Maria Lassnig unterschiedliche Fragen und „Aufgaben“ vor. Die daraus entstandenen Gouache-Tafeln sind Maria Lassnigs visuelle Antworten auf Fragen nach mentalen Bildern nach Reizworten und Vorstellungen. Als Versuchsanlage bietet diese zwar produktive doch teilweise gescheiterte Zusammenarbeit zwischen dem an kognitiver Psychologie interessierten Oswald Wiener und der bereits durch jahrelange Selbstbeobachtung geschulten Künstlerin einen Anknüpfungspunkt für eine neue Lektüre des künstlerischen Prozess’ bei Maria Lassnig.